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Kanban-System

Kanban-System mit exponentialverteilten Bearbeitungszeiten

Bei der Fließproduktion werden die Arbeitssysteme (Arbeitsplätze, Stationen) dem typischen Produktionsablauf der Produkte folgend linear hintereinander angeordnet. Alle Produkte durchlaufen das Produktionssystem in derselben Richtung. Um einen gleichmäßigen Materialfluß zu erreichen, wird die gesamte mit einem Produkt verbundene Arbeitslast möglichst gleichmäßig auf die Stationen verteilt. Dadurch können die einzelnen Werkstücke mit einem gleichbleibenden Rhythmus von Station zu Station weitergegeben werden. Es besteht also eine zeitliche Abstimmung. Ist der Materialfluß asynchron, d.h. kann jede Produkteinheit unabhängig von den anderen Produkteinheiten bewegt werden, dann spricht man von einer Fließproduktionslinie.

Betrachten wir den Produktionsablauf einmal aus der Sicht eines Werkstücks: Das Werkstück wird an der Station 1 eingelastet und bearbeitet. Nach der Bearbeitung verläßt es die Station und reiht sich in eine Warteschlange vor der Station 2 ein. Dies setzt sich fort, bis das Werkstück die letzte Station des Fließproduktionssystems wieder verläßt. In der Praxis kommt es nun häufig vor, daß sich Werkstücke zwischen den Stationen in den Warteschlangen unkontrolliert ansammeln. Das ist dann der Fall, wenn an den Stationen zwischen Produktarten umgerüstet werden muß oder wenn Störungen oder zufällige Verlängerungen der Bearbeitungszeiten auftreten. Um diese ungewollte Vergrößerung des gesamten Lagerbestands im System (WIP, Work-in-Process) zu vermeiden, kann man sog. Kanbans (Produktionserlaubniskarten) verwenden. Diese werden bei Beginn der Bearbeitung an einer Station mit dem Werkstück verknüpft. Die Verknüpfung wird erst dann gelöst, wenn das Werkstück von der nächsten Station übernommen wird. Dadurch können sich an jeder Station maximal so viele Werkstücke aufhalten, wie es stationsspezifische Kanbans gibt. Dabei ist klar, daß es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl Kanbans und der Produktionsrate des Fließproduktionssystems gibt, der bei der Festlegung der Anzahl Kanbans berücksichtigt werden sollte.

In diesem Modul wird ein Fließproduktionssystem analysiert, das nach dem Pull-Prizip mit Kanbans gesteuert wird. Alle Bearbeitungszeiten sind exponentialverteilt. Gstettner und Kuhn haben gezeigt, daß es auch bei identischen mittleren Bearbeitungszeiten an allen Stationen nicht optimal sein muß, an allen Stationen dieselbe Anzahl von Kanbans zu verwenden. Sie zeigen, daß man das Kanban-System mit denselben Methoden analysieren kann, die auch für die Leistungsanalyse von Fließproduktionssystemen mit begrenzten Puffern eingesetzt werden.

Es werden für eine gegebene Verteilung der Karten auf die Stationen die Produktionsrate des Fließproduktionssystems und die mittleren Lagerbestände in den Puffern zwischen den Stationen bestimmt. Die Angaben zu den Lagerbeständen beziehen sich auf die Bestände im Ausgangspuffer der jeweiligen Station. Darüberhinaus werden für jede Station die Auslastungsanteile "arbeitet", "leer" und "blockiert" berechnet.

Es wird unendliche Kundennachfrage angenommen. Daher kommt es an der letzten Station niemals zu Blockierungen und ein Kanban reicht aus, um die Station ständig zu beschäftigen, solange aus der davorliegenden Station Nachschub an Material kommt.

Literatur:

- Günther/Tempelmeier (2020a)
- Gstettner, S. und H. Kuhn (1996), Analysis of production control systems kanban and CONWIP. International Journal of Production Research, 11, S. 3253-3273

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