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(s,q)-Politik (Normalverteilung)

Lagerhaltung: (s,q)-Politik bei normalverteilter Periodennachfragemenge

Lagerhaltungspolitiken dienen zur Steuerung der Wiederauffüllung des Lagerbestands eines Produkts unter stationären und stochastischen Bedingungen, d.h. wenn die Nachfrage eine zufällige, nicht genau vorhersehbare Größe ist. Sie werden durch folgende Parameter charakterisiert.

$q$ Bestellmenge
$s$ Bestellpunkt (Meldebestand)
$S$ Maximalbestand (Bestellniveau)
$r$ Bestellzyklus

Man unterscheidet folgende Lagerhaltungspolitiken:

$(s,q)$ Politik mit konstanter Bestellmenge
$(r,S)$ Politik mit konstantem Bestellzyklus
$(s,S)$ Politik mit variabler Bestellmenge und variablem Bestellzyklus

Bei der $(s,q)$-Politik wird der disponible Lagerbestand in regelmäßigen Abständen überprüft. Immer dann, wenn der (disponible) Lagerbestand auf die Höhe des Bestellpunkts $s$
gesunken ist, wird eine Bestellung der Höhe $q$ ausgelöst. Diese trifft nach einer Wiederbeschaffungszeit von $L$ Perioden im Lager ein.

Mit diesem Modul können zwei Arten von Analysen für eine $(s,q)$-Lagerhaltungspolitik durchgeführt werden:

  1. Bestimmung der Parameter $s$ und $q$ für einen vorgegebenen $\beta$-Servicegrad
  2. Ermittlung des $\beta$-Servicegrades für eine vorgegebene Kombination der Parameter $s$ und $q$

Dabei kann jeweils kontinuierliche oder periodische (tägliche) Lagerüberwachung unterstellt werden. Es wird angenommen, daß die Periodennachfragemengen einer Normalverteilung folgen. Die grundsätzliche Vorgehensweise läßt sich auch auf andere Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Nachfrage übertragen.  

Symbole:

E{D} Erwartungswert der Nachfragemenge
E{L} Erwartungswert der Wiederbeschaffungszeit
E{Y} Erwartungswert der Nachfrage Y in der Wiederbeschaffungsfrist
V{Y} Varianz der Nachfrage in der Wiederbeschaffungsfrist
E{Y*} Erwartungswert der Summe aus der Nachfrage Y in der Wiederbeschaffungsfrist und dem Defizit
V{Y*} Varianz der Summe aus der Nachfrage in der Wiederbeschaffungsfrist und dem Defizit
E{U} Erwartungswert des Defizits (undershoot)
V{U} Varianz des Defizits (undershoot)
P{.} Wahrscheinlichkeit

Annahmen:

Zur Bestimmung des optimalen Bestellpunktes $s$ und der optimalen Bestellmenge $q$ wird ein iteratives Verfahren eingesetzt.

Manuelle Vorgabe von $\beta$ und $q$:

Manuelle Vorgabe von $s$ und $q$:

Bei der Bestimmung des Bestellpunktes kann wahlweise das Defizit (undershoot) berücksichtigt werden. Das Defizit tritt dann auf, wenn die idealen Voraussetzungen der kontinuierlichen Lagerüberwachung nicht exakt erfüllt sind. Dies ist z.B. bei täglicher Lagerüberwachung der Fall oder wenn die Auftragsgrößen (Lagerabgangsmengen) größer als 1 sind. In diesen Fällen kann der disponible Lagerbestand bereits unter den Bestellpunkt gesunken sein, wenn eine neue Bestellung ausgelöst wird. Damit steht zur Erfüllung der Nachfragemenge in der Wiederbeschaffungszeit nicht genau die Menge $s$, sondern nur die Menge ($s$ -- Defizit) zur Verfügung. Daher ist für einen gegebenen Bestellpunkt der tatsächliche Servicegrad niedriger als bei Nichtbeachtung des Defizits.

Berücksichtigung des Defizits:

Nach Berechnung der optimalen Parameter der Lagerpolitik werden alle Daten direkt an das Modul zur Simulation einer $(s,q)$-Lagerpolitik übergeben. Dort kann dann die Wirkung dieser Parameter nachvollzogen werden.

Achtung: Wenn bei der Berechnung des Bestellpunkts $s$ das bei periodischer Lagerüberwachung i.d.R. auftretende Defizit (undershoot) nicht berücksichtigt wird, dann wird in der Simulation der angestrebte Servicegrad u.U. erheblich unterschritten. Der Grund liegt darin, daß in der Simulation eine tägliche Lagerüberwachung durchgeführt wird.

Literatur:

- Günther/Tempelmeier (2020a), Abschnitt 12.2
- Tempelmeier (2020b)
- Tempelmeier (2020c)