Die Beschäftigungsglättung hat die Aufgabe,
für einen mittelfristigen Zeitraum die Produktionsmengen für Produkttypen
in einem oder mehreren Standorten einschließlich der logistischen Verflechtungen
zu koordinieren und auf die zeitliche Entwicklung der Nachfrage abzustimmen.
Zur Lösung dieses Planungsproblems bestehen i.d.R. folgende Optionen:
- Vorausproduktion (auf Lager)
- Rückgriff auf Zusatzkapazität (Überstunden)
- Beschaffung bei einem Zulieferer
Jede dieser Optionen ist mit spezifischen Kosten
verbunden. Das Ziel besteht darin, die kostenminimale Lösung zu finden,
bei der die gegebenen prognostizierten Nachfragemengen produziert werden können.
Dieses Modul erzeugt und löst ein lineares Optimierungsmodell
für unterschiedliche Systemkonfigurationen von logistischen Netzwerken.
Es können maximal zwei Fabriken und ein Zulieferer sowie maximal 3 Produkte
und 24 Perioden betrachtet werden. Die resultierende linearen Optimierungsmodelle
umfassen dann bis zu 500 Variablen. Das Modul sieht wie folgt aus:
Es werden nur einstufige Systeme betrachtet. D.h.
alle Fabriken und auch der Zulieferer produzieren dieselben Produkte. Die Lieferung
eines Vorproduktes von einer Fabrik an eine andere, das dort zu einem Endprodukt
weiterverarbeitet werden soll, wird in diesem Modul nicht betrachtet. Solche
Problemstellungen lassen sich aber prinzipiell mit derselben Planungstechnik
behandeln. Es werden auch keine Diskretisierungen berücksichtigt, z.B.
für Mindestproduktionsmengen. Dies würde einen Mixed-Integer-Solver
erfordern, der nicht verfügbar ist.
Den Fabriken werden jeweils produktspezifische Nachfragemengen
zugeordnet. Durch die Verknüpfung der Fabriken über Transportrelationen
kann eine standortübergreifende Optimierung erfolgen.
In jeder Fabrik können maximale Lagerkapazitäten
und produktbezogene Mindestlagerbestände berücksichtigt werden.
Die hier betrachteten Modelle können auch mit
dem Modul SNP des Advanced Planners and Optimizers der SAP AG gelöst werden.
Im folgenden werden einige Anwendungmöglichkeiten
des Moduls beschrieben. Es empfiehlt sich, die unterstützten Modellvarianten
nacheinander zu betrachten und die jeweiligen Modelldaten in einer Datei zu
speichern.
1. Anwendungsmöglichkeit:
Eine Fabrik
Im einfachsten Fall wird nur eine Fabrik betrachtet.
Dies entspricht der klassischen mehrperiodigen Beschäftigungsglättung
(Modell AGGRPLAN aus dem Lehrbuch Günther/Tempelmeier). In diesem Fall
minimiert die Zielfunktion die Summe aus Lagerkosten und Kosten für Zusatzkapazität
(Überstundenlöhne) unter Beachtung von Kapazitätsrestriktionen.
Das Modell lautet dann:
u.B.d.R.
Symbole:
k |
Produktindex |
t |
Periodenindex |
a(k) |
Kapazitätsbedarf personelle
Kapazität pro ME |
b(k) |
Kapazitätsbedarf technische
Kapazität pro ME |
l(k) |
Lagerkostensatz |
u(t) |
Überstundenlohnsatz |
C(t)max |
Verfügbare technische
Kapazität |
U(t)max |
Maximale Überstunden
|
N(t)max |
Verfügbare personelle
Kapazität |
L(kt) |
Lagerbestand am Periodenende |
U(t) |
Genutzte Zusatzkapazität
(Überstunden) |
X(kt) |
Produktionsmengen |
Eine Erweiterung ergibt sich, wenn man auch Lagerrestriktionen
berücksichtigt. Man kann die gesamte Lagermenge (über alle Produkte)
nach oben begrenzen. Außerdem können produktspezifische Mindestbestände
festgelegt werden.
2. Anwendungsmöglichkeit:
Zwei Fabriken (Produktionsstandorte)
Es kann angenommen werden, daß die betrachteten
Produkte alternativ in zwei Fabriken hergestellt werden, wobei zwischen den
beiden Standorten Transporte möglich sind. Ein Nachfrageüberhang in
einer Fabrik kann dann durch Vorausproduktion, durch Nutzung von Zusatzkapazität
oder durch Produktion in der anderen Fabrik (einschl. der notwendigen Transporte)
gedeckt werden. Im letztgenannten Fall sind dann auch die Transportkosten zu
berücksichtigen. Die Transportmengen werden durch zusätzliche produkt-
und periodenspezifische Transportvariablen F(12kt) (Transporte von Fabrik 1
nach 2) bzw. F(21kt) (Transporte von Fabrik 2 nach 1) erfaßt. Alle Variablen
werden jetzt durch einen Index s auf den jeweiligen Produktionsstandort bezogen.
Die Zielfunktion dieses Modells lautet
Die Lagerbilanzgleichung für die Fabrik 1 lautet
nun:
Für Fabrik 2 gilt eine entsprechende Nebenbedingung.
Alle anderen Restriktionen müssen durch einen zusätzlichen Index auf
die jeweilige Fabrik bezogen werden.
Zusätzliche Symbole:
f(ij) |
Transportkosten pro ME
zwischen Fabrik i und Fabrik j |
F(ijkt) |
Transportmengen zwischen
Fabrik i und Fabrik j |
3. Anwendungsmöglichkeit:
Eine Fabrik und ein Zulieferer
Wird zusätzlich ein Zulieferer
betrachtet, dann kann dieser zur Deckung von Kapazitätsbedarfen alternativ
zur Vorausproduktion auf Lager und zum Einsatz von Zusatzkapazität genutzt
werden. In diesem Fall minimiert die Zielfunktion die Summe aus Lagerkosten
und Kosten für Zusatzkapazität (Überstundenlöhne) zuzüglich
der Fremdbeschaffungskosten und der variablen Produktionskosten (Materialkosten).
In den Nebenbedingungen ändert
sich die Lagerbilanzgleichung um die Möglichkeit, anstelle zu produzieren,
auf fremdbezogene Mengen zurückzugreifen:
Zusätzliche Symbole:
c(bk) |
Beschaffungskosten pro
ME |
c(fk) |
Materialkosten pro ME |
B(kt) |
Beschaffungsmenge |
4. Anwendungsmöglichkeit:
Zwei Fabriken und ein Zulieferer
Diese Situation beinhaltet alle oben genannten Problemaspekte.
Dabei werden die oben genannten Variablen und Nebenbedingungen nun auf die jeweilige
Fabrik bezogen.
Annahmen:
- lineare Zielfunktion und lineare Nebenbedingungen
- einstufige Systemstruktur, d.h. alle Fabriken
und der Zulieferer produzieren dieselben Produkte
- maximal 3 Produkte
- maximal 24 Perioden
Problemdimensionen: maximal zwei Fabriken und ein
Zulieferer
Hinweis: Nach der Dateneingabe wird mit einem internen
Modellgenerator das LP-Modell generiert und dann mit einem (leider sehr langsamen)
internen LP-Solver gelöst. Bei Einsatz eines externen Standard-Solvers
zur Lösung von LP-Problemen, z.B. CPLEX oder MOPS, beträgt die Rechenzeit
nur einen Bruchteil der in diesem Modul benötigten Rechenzeit.
Literatur:
- Günther/Tempelmeier (2013a), Abschnitt 9.2
- Tempelmeier (2010)
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